Pemphigoid-Erkrankungen als Gruppe blasenbildender Erkrankungen entsteht durch die Entwicklung von Autoantikörpern gegen Strukturproteine und subepidermale Adhärenzmoleküle, die sich tief in der Haut an der dermal-epidermalen Grenzfläche befinden.
Die Epidermis und die Schleimhautepithelien sind mit der darunter liegenden Basalmembran durch Strukturen verbunden, die Hämidesmosomen genannt werden. Hämidesmosomen bestehen aus einem Komplex von intra- und extrazellulären Proteinen. Mutationen in den Genen, die für diese Proteine kodieren, können zu defekten Hämidesmosomen und damit zu erblicher Epidermolysis bullosa führen. Diese Proteine sind auch das Ziel von Autoantikörpern. Infolgedessen entwickeln sich bei Hunden und anderen Haustieren verschiedene subepidermale Blasenbildungserkrankungen. Dazu gehören das bullöse Pemphigoid (BP), die lineare IgA-Dermatose und die Epidermolysis bullosaacquisita. Alle diese Erkrankungsformen treten selten auf.
Bullöses Pemphigoid der Hunde
Das bullöse Pemphigoid ist eine blasenbildende Hauterkrankung bei Hunden, die klinisch dem Pemphigus vulgaris ähnelt. Collies, Shelties und Dobermann scheinen dafür prädisponiert zu sein. Die krankhafte Veränderung ist auch bei Menschen, Schweinen, Pferden und Katzen beschrieben worden. Betroffene Hunde entwickeln subepidermale Blasen und Erosionen, die auch die Schleimhäute betreffen können. Orale Läsionen treten in etwa 80 % der Fälle auf, insbesondere bei Collies. Die Läsionen treten an den Lippen, der Mundschleimhaut, den Achselhöhlen, der Leistengegend, den Fußballen und den konkaven Oberflächen der Ohrmuscheln auf. Die Erkrankung unterscheidet sich jedoch vom Pemphigus vulgaris dadurch, dass sich die Bullae in der Subepidermis entwickeln (und daher viel seltener reißen). Sie sind in der Regel mit Fibrin sowie mit mononukleären Zellen oder Eosinophilen gefüllt und heilen spontan ab. Die Erkrankung entsteht durch die Produktion von IgG- und IgE-Autoantikörpern, die gegen zwei Glykoproteine namens BP180 und BP230 gerichtet sind. Diese sind Bestandteile der Hemidesmosomen-Anhaftungsplaques auf Basalzellen. BP180 (BP-Antigen 2) ist ein Transmembrankollagen vom Typ XVII. BP230 oder Dystonin (auch BP-Antigen 1 genannt) ist ein Protein der Plakinfamilie. Das Vorhandensein von IgG, das an diese Basalmembranantigene gebunden ist, kann durch einen direkten Immunfluoreszenztest nachgewiesen werden. Dabei zeigt sich eine intensive lineare Färbung entlang der Basalmembran.
Charakteristisch ist eine intensive lineare Färbung entlang der Basalmembran. Auch T-Zellen sind an den Krankheitsprozessen beteiligt. So aktivieren beispielsweise lokale Th17-Zellen Neutrophile, was zu Entzündungen und Gewebeschäden führt. Ebenso sind regulatorische T-Zellen (Treg-Zellen) bei BP dysreguliert, so dass Th2-Zellen IL4 produzieren und so die Bildung von Autoantikörpern weiter fördern können. Die Prognose der bes bullösen Pemphigoid ist in der Regel schlecht, aber leichte Fälle können sich nach einer Behandlung mit Kortikosteroiden erholen. Häufiger ist eine aggressive Behandlung mit hohen Dosen von Prednisolon erforderlich, die gegebenenfalls durch Cyclophosphamid, Azathioprin oder Chlorambucil ergänzt wird.
Lineare IgA Dermatose
Eine Variante des Bullösen Pemphigoids ist durch die Ablagerung von Immunglobulin A (IgA) in der Lamina lucida der Hautbasalmembran gekennzeichnet. Eine lineare IgA-Dermatose tritt bei Dackeln auf. Die Krankheit äußert sich durch pruriginöse pustulöse und papulöse Läsionen, die einer Pyodermie ähneln, mit eosinophil gefüllten subepidermalen Bläschen. Sie treten im Bereich von Mund, Nase, Ohren und Pfoten auf. Das Zielautoantigen ist eine Form von Kollagen XVII. Das Medikament Dapson wurde als spezifische Behandlung für diese Krankheit empfohlen.
Epidermolysis bullosaacquisita
Epidermolysis bullosa beschreibt eine Gruppe von Erbkrankheiten, die durch Mutationen der Gene für die Strukturproteine in den Hemidesmosomen entstehen, die die basalen Keratinozyten mit der epithelialen Basalmembran verbinden. Die Epidermolysis bullosaacquisita ist eine generalisierte Hauterkrankung, die durch schwere Blasenbildung und ulzerative Läsionen gekennzeichnet ist. Die Hautschichten trennen sich an der dermalen epidermalen Grenzfläche. Dies wird von einer neutrophilen Infiltration in der oberflächlichen Dermis begleitet. Dies kann schließlich zur Bildung von Mikroabszessen führen. Die Blasen reißen schnell auf und ulzerieren. Die Hunde entwickeln eine generalisierte Urtikaria, orale Ulzerationen und schließlich Hautabschürfungen, insbesondere an den Fußballen. Zu den sekundären Veränderungen gehören tiefe Ulzerationen, Nekrosen und bakterielle Infektionen.
Klinisches Krankheitsbild, Diagnose und Behandlung der Epidermolysis bullosaacquisita
An der Epidermolysis bullosaacquisita erkranken meist junge Hundeim Alter von gut einem Jahr. Dabei sind überwiegend männliche Tiere betroffen. Deutsche Doggen scheinen prädisponiert zu sein. Die Läsionen können als urtikarielle erythematöse Flecken beginnen, die sich zu Bläschen entwickeln und ulzerieren. Angespannte Bläschen, tiefe Erosionen und Geschwüre sind häufig. Epidermisablösungen treten an Stellen auf, an denen die Haut unter Spannung oder Reibung steht, z. B. an äußeren Druckstellen. Läsionen können auch in der Mundhöhle, dem Nasenplanum, den Ohrmuscheln, den Achselhöhlen und den Fußballen auftreten. Eine lokalisierte Variante der Krankheit wurde bei einem Deutsch-Kurzhaar-Pointer beobachtet.
Die Histopathologie zeigt eine neutrophile perivaskuläre Dermatitis, aber auch Eosinophile oder Monozyten sind vorhanden. Die Anzahl der Lymphozyten und Plasmazellen ist sehr unterschiedlich. Die subepidermalen Bläschen können zellfrei sein, können aber auch eine geringe Anzahl von Neutrophilen, Eosinophilen, Fibrin oder Blut enthalten.
Eine Glukokortikoidtherapie, entweder allein oder in Verbindung mit Azathioprin oder Dapson, ist die empfohlene Behandlung. Eine bakterielle Sekundärinfektion kann zu Komplikationen führen, und die Krankheit kann erneut auftreten.
Schleimhautpemphigoid
Eine weitere Variante des bullösen Pemphigoids betrifft die Schleimhäute. Das Schleimhaut-pemphigoid ist eine chronische, subepidermale, blasenbildende Erkrankung von Hunden, Katzen und Menschen. Beim Menschen wird sie auch als vernarbendes Pemphigoid bezeichnet, weil sie dazu neigt, nach dem Abheilen der Läsionen Narben zu bilden. Sie ist durch eine Kombination von Bläschen, Geschwüren und Narbenbildung gekennzeichnet, die in erster Linie Schleimhäute und mukokutane Übergänge betrifft, insbesondere Mund, Nase, Augen, Genitalien oder Anus. Sie geht mit der Entwicklung von Autoantikörpern einher, die gegen mehrere Autoantigene in der Basalmembranregion gerichtet sind.
Klinisches Krankheitsbild, Diagnose und Behandlung des Schleimhautpemphigoids
Deutsche Schäferhunde sind bei Fällen von Schleimhautpemphigoid bei Hunden überrepräsentiert. Das durchschnittliche Erkrankungsalter liegt bei etwa sechs Jahren. Die Tiere zeigen symmetrische Hautläsionen (d. h. Erosionen und Geschwüre in Verbindung mit Schleimhautübergängen). Die Krankheit ist nicht juckend und langsam fortschreitend, mit krustigen Bläschen und Narbenbildung. Die Läsionen treten vor allem im Mundbereich auf, aber auch im Augen-, Nasen und Genitalbereich. Weiter betroffen sind die Innenseitn der Ohrmuscheln. Läsionen treten an den Lippen, dem Zahnfleisch, dem harten und weichen Gaumen, der Mundschleimhaut und der Zunge auf. Auch der Nasenspiegel, die Augenlider, die Genitalien (Präputium, Skrotum, Vulva-Rand) und perianale Stellen sind betroffen.
Die Histopathologie zeigt das Vorhandensein von subepidermalen Bläschen als Ergebnis einer dermal-epidermalen Trennung. Die Blasenflüssigkeit kann keine Zellen oder eine geringe Anzahl von Eosinophilen, Neutrophilen oder mononukleären Zellen enthalten. Die Dermis ist unterschiedlich stark entzündet. Eine Hyperplasie der Schleimhäute ist häufig. Immunfluoreszenztests an Hautbiopsien zeigen das Vorhandensein von IgG (und in einigen Fällen IgM oder IgA) an der dermal-epidermalen Grenzfläche.
Die Behandlung hängt von der Schwere der Erkrankung und der Lokalisation der Läsionen ab. So verläuft die orale Erkrankung in der Regel weniger schwer als die Erkrankung von Hunden mit Läsionen der Augen, der Genitalien, der Atemwege oder des oberen Magen-Darm-Trakts. Hunde mit geringem Risiko können topische Glukokortikoide erhalten, möglicherweise zusammen mit oralen Glukokortikoiden sowie Doxycyclin und Niacinamid oder Dapson. Es ist wichtig, die durch diese Krankheit verursachte Narbenbildung zu vermeiden, daher sollte die Hochrisikogruppe auch stärkere Immunsuppressiva wie Azathioprin oder Cyclophosphamid erhalten. Die Prognose ist nicht gut, und es kommt häufig zu Rückfällen.
Bei allen Erkrankungen des Pemphigoid-Komplexes sollte über den Einsatz einer immunologischen Behandlung nachgedacht werden.
Quelle: Tizard IR (2023): Pemphigoid Group in: Autoimmune Diseases in Domestic Animals,Elsevier, St. Louis, MI, 123-127