Bei Pferden können verschiedene Formen von Vaskulitiden unterschieden werden:
Purpura hämorrhagische Vaskulitis
Die häufigste Form einer Gefäßerkrankung der Haut bei Pferden ist die Purpura hemorrhagica, eine nekrotisierende Vaskulitis, die sich nach einer akuten Streptococcus equi-Infektion entwickelt. Vorbestehende hohe Serumantikörperspiegel gegen S. equi prädisponieren Pferde für diese Erkrankung. Weitere Auslöser können Infektionen mit Corynebacterium pseudotuberculosis, Prescottella (Rhodococcus) equi, dem equinen Influenzavirus und dem equinen Herpesvirus Typ 1 sein. In einigen Fällen kann sich eine Purpura entwickeln, ohne dass eine vorherige bakterielle oder virale Infektion bekannt geworden ist.
Der Schweregrad der Erkrankung und der klinische Verlauf sind sehr unterschiedlich und reichen von einer leichten vorübergehenden Hautreaktion bis hin zu einer tödlichen Erkrankung. Klassischerweise entwickeln sich die klinischen Symptome innerhalb von 2 bis 4 Wochen nach einer natürlichen oder durch Impfung erzeugten Exposition gegenüber Streptokokken-Antigenen. Die Pferde entwickeln Urtikaria, gefolgt von schweren, gut abgegrenzten subkutanen Ödemen, insbesondere an den unteren Gliedmaßenbereichen und am Unterbauch. Es kommt dort zur Entwicklung von punktförmigen oder kleinflächigen Blutungen in den Schleimhäuten und im Bereich des Unterhautgewebes. Weitere Anzeichen für die Erkrankung können Depression und Bewegungsunlust, Fieber und Appetitlosigkeit sein. Auch ein zu schneller Herzschlag und eine vermehrte Atemfrequenz werden registriert. Koliken, Nasenbluten und ein Gewichtsverlust sind weitere Symptome. Das Ödem kann zu Hautexsudation, Ulzeration, Krustenbildung und Abschilferung führen. Schwere Ödeme am Kopf können die Atmung und die Nahrungsaufnahme beeinträchtigen. Weitere klinisch feststellbare Anomalien sind Anämie, Neutrophilie, Hyperglobulinämie, erhöhte Muskelenzyme und Hyperproteinämie. Betroffene Pferde können ungewöhnlich hohe Immunglobulin A-Werte im Blut haben.
Die Vaskulitis kann aber auch den Magen-Darm-Trakt, die Lunge und die Muskeln betreffen. In schweren Fällen können einige Pferde eine generalisierte Vaskulitis entwickeln, die zu Thrombosen und Infarkten führt. Eine Dünndarm-Invagination kann die Krankheit komplizieren. Auch Muskelinfarkte verschärfen die Situation. Dabei kann es zu Blutungen und Nekrosen der Skelettmuskulatur kommen.
Im Serum der betroffenen Pferde finden sich Immunkomplexe. Diese bestehen aus Streptokokken-M- oder -R-Proteinen, die ein Verbindung mit den Immunglobulinen IgM oder IgA bilden. Diese Immunkomplexe lagern sich in den Blutgefäßwänden ab, was zu Vaskulitis, Ödemen und Blutungen führt. In Verbindung mit den Immunkomplexen können sich auch Komplementkomponenten ablagern. Hautbiopsien zeigen eine schwere Vaskulitis mit einer ausgeprägten neutrophilen Infiltration um die betroffenen Blutgefäße. Diese Vaskulitis kann mit einer Nekrose des infarzierten Bereichs verbunden sein. Die Ablagerung von Immunkomplexen kann Folgen in der Niere haben und eine membranoproliferative Glomerulonephritis mit daraus resultierender Proteinurie und Azoturie verursachen.
Betroffene Pferde sollten sofort tierärztlich behandelt werden. Alle mit der Erkrankung verbundenen Infektionen müssen behandelt werden. Die Entzündung sollte durch systemische Glukokortikosteroide (Dexamethason und/oder Prednisolon) unterdrückt werden. Die Pferde können auch mit nichtsteroidalen Entzündungshemmern (Phenylbutazon oder Flunixinmeglumin) und Antibiotika behandelt werden, um Sekundärinfektionen zu begrenzen.
Vaskulitis der Fesseln
Dieses Krankheitsbild tritt hauptsächlich bei erwachsenen Kaltblutpferden auf. Die Läsionen treten an den nicht pigmentierten kaudalen Aspekten der Fesseln auf, können sich aber bis zum Röhrbein erstrecken. Sie sind oft beidseitig vorhanden. Die Hintergliedmaßen sind am häufigsten betroffen. Die Läsionen sind rot und geschwollen. Sie können sich zu Geschwüren oder Rissen mit Exsudation und Krustenbildung entwickeln. Die Läsionen variieren in ihrem Schweregrad von einer milden über eine exsudative bis hin zu einer chronisch proliferativen Form und spiegeln wahrscheinlich mehrere unterschiedliche Ursachen wider. Sekundäre bakterielle oder Pilz-Infektionen sind häufig. Die prädisponierende Läsion scheint eine Vaskulitis zu sein. Biopsien der betroffenen Haut zeigen eine tiefe dermale neutrophile leukozytoklastische Arteriitis mit Kernstaub, Verdickung und Ödemen der Blutgefäßwände mit Mikroblutungen. Die Ätiologie der Läsion ist unbekannt. Eventuell könnte eine obwohl Photosensibilität ein auslösender Faktor sein. Die Prognose ist leider eher vorsichtig zu stellen.
Andere Vaskulitiden bei Pferden
Pferde können auch andere Formen einer Vaskulitis entwickeln. Bei etwa der Hälfte der betroffenen Tiere ist die Ätiologie unbekannt. Bei den anderen kann es sich um eine sekundäre photosensibilitätsgebundene Dermatitis (beschränkt auf die nicht pigmentierten Bereiche der Haut) oder um Arzneimittelreaktionen (Penicillin, Acepromazin) handeln. Die häufigsten Befunde bei kutaner Vaskulitis bei Pferden sind Krusten und Schuppen und in geringerem Maße Ödeme an den unteren Gliedmaßen (Vorder- und Hinterhand), im Gesicht und am Kopf. Weitere Anzeichen können Haarausfall, Urtikaria, Ödeme, Geschwüre und Hautknötchen sein. Die übliche Läsion ist eine durch Leukozten hervorgerufene (sogenannte leukozyotklastische) Vaskulitis. Diese kann von Depression, Fieber und Appetitlosigkeit sowie Anämie, Neutrophilie, Hyperglykämie und Hyperglobulinämie begleitet sein. Die vaskulären Läsionen sind entweder zellarm oder lymphohistiozytär. Zu den Behandlungsmöglichkeiten gehören dabei Kortikosteroide und Pentoxifyllin.
Eine immunologische Begleittherapie sollte in die Behandlungsoptionen eingebracht werden.
Quelle: Tizard IR (2023) Equine Vasculitis in: Autoimmune Diseases in Domestic Animals, Elsevier, St. Louis, MI, 235 – 237