Bei Hunden kann sich eine Muskelentzündung entwickeln, die auf die Kaumuskeln beschränkt ist. Diese Kaumuskelmyositis ist nach der Polymyositis die zweithäufigste bei Hunden diagnostizierte Myopathie. Die Krankheit betrifft vor allem Hunde großer Rassen wie Deutsche Schäferhunde, Labrador Retriever, Golden Retriever und Dobermänner. Cavalier King Charles Spaniels sind ebenfalls anfällig, was auf eine rassespezifische Veranlagung hindeutet.
Es sind zwei Arten von Kaumuskelmyositis bekannt: eine akute und schmerzhafte eosinophile Form und eine chronische Form, die mit Muskelschwund einhergeht. Beide sind durch Entzündung, Atrophie und Nekrose der Kaumuskeln gekennzeichnet, insbesondere der Schläfen-, Kaumuskel- und Pterygoidmuskeln. Diese Muskeln sind bei Fleischfressern insofern speziell ausgebildet. Die von ihnen gebildeten Myosine unterscheiden sich von den Formen der in den Gliedmaßenmuskeln unterscheidet . Sie enthalten auch eine Variante der Muskelfaser vom Typ 1, die in anderen Muskelgruppen nicht vorkommt. Betroffene Tiere bilden Autoantikörper gegen diese M2-Myofibrillen. Immunglobulinablagerungen können in etwa 80 % der Biopsieproben aus betroffenen Muskeln durch Immunhistochemie nachgewiesen werden. Diese Autoantikörper erkennen kaumuskelspezifische schwere und leichte Myosinketten sowie eine Isoform des Myosin-bindenden Proteins C, die ebenfalls auf die Kaumuskeln beschränkt ist.
Die Histologie der betroffenen Muskeln zeigt entzündliche oder degenerative Läsionen, die die M2-Myofibrillen betreffen. Perimysiale oder endomysiale Fibrose und Nekrose der Muskelfasern sind ebenfalls typische Merkmale.
Klinische Erscheinungen der Kaumuskelmyositis beim Hund
Eine akute eosinophile Form der Kaumuskelmyositis tritt in der Regel bei jungen Deutschen Schäferhunden und Dobermann auf. Sie äußert sich durch Lethargie, Anorexie, Fieber, Schmerzen beim Öffnen oder Schließen des Mundes und Schwellung oder Atrophie der Kaumuskeln. Es kann zu einem Stimmbruch kommen. In einigen Fällen kann die Myositis die extraokulären Muskeln betreffen, was zu Exophthalmus, sekundärer Bindehautentzündung und Blindheit führt, wahrscheinlich als Folge einer Kompression des Sehnervs. Die Krankheitsschübe können 2 bis 3 Wochen dauern und dann in Remission gehen, aber es kann zu häufigen Rezidiven kommen.
Bei der chronischen Erkrankung erleiden die Hunde einen einzigen akuten Anfall, gefolgt von einem fortschreitenden Muskelschwund. Kaumuskelfasern können durch faseriges Gewebe ersetzt werden. Diese chronische Muskelfibrose kann dazu führen, dass der Kiefer nicht mehr geöffnet werden kann. Diese Sperre kann auch unter Vollnarkose nicht gelöst werden. Eosinophile sind kein auffälliges Merkmal der chronischen Erkrankung.
Diagnose und Behandlung der Kaumuskelentzündung des Hundes In einem ersten Schritt sollten mögliche infektiöse Ursachen der Kaumuskelentzündung ausgeschlossen werden. Antikörper gegen 2M-Fasern können im Serum oder Immunkomplexe in der Muskelbiopsie nachgewiesen werden. Die Biopsie der veränderten Muskulatur gibt auch Aufschluss über den Grad der Fibrose, die sich entwickelt hat. Diese gibt Hinweise auf die mögliche Prognose der Erkrankung. Bildgebende Verfahren wie die Computertomographie oder die Magnet-resonanztomographie können Bereiche mit veränderter Intensität in der Kaumuskulatur aufzeigen.
Eine immunsuppressive Glukokortikoid-Therapie ermöglicht die Wiederherstellung der Kau- und Kieferfunktion. Dies setzt voraus, dass die Krankheit diagnostiziert und behandelt wird, bevor eine ausgedehnte Fibrose eingesetzt hat. Bei etwa einem Viertel der betroffenen Hunde treten Rückfälle auf. Einige Tiere können ihre Fähigkeit, das Maul weit zu öffnen, nie wieder erlangen. Eine immunologische Behandlung sollte angestrebt werden.
Quelle: Quelle: Tizard IR (2023): Canine Masticatory Muscle Myositis in: Autoimmune Diseases in Domestic Animals, Elsevier, St. Louis, MI, 151/152