Die Pemphigus-Erkrankungen bei Tieren gehen mit der Entwicklung von schlaffen Bläschen, Pusteln und Erosionen auf der Haut und den Schleimhäuten einher. Diese Bläschen können sehr oberflächlich sein und leicht aufreißen, während andere tief in der Epidermis entstehen, wo sie länger geschlossen bleiben. Die Erkrankung wird bei verschiedenen Tierarten beobachtet.
Oberflächlicher Pemphigus
Pemphigus foliaceus des Hundes
Pemphigus foliaceus (von lateinisch folium, „Blatt“) ist die häufigste Form von Pemphigus bei Hunden. Gleichzeitig handelt es sich dabei um die am häufigsten auftretende Autoimmunerkrankung bei Hunden. Pemphigus foliaceus ist auch bei Menschen, Katzen, Schafen, Ziegen und Pferden beschrieben worden.
Bei Hunden handelt es sich um eine oberflächliche pustulöse Erkrankung, bei der sich die Läsionen in der subkornealen Epidermis – also Schichten der Oberhaut – entwickeln. Dies ist als Folge der Wirkung von Immunglobulin G (IgG)-Autoantikörpern anzusehen. Die Antikörper sind gegen desmosomale Proteine der Keratinozyten gerichtet sind. Infolgedessen brechen die Desmosomen zusammen, und die Keratinozyten trennen sich. Da sie sich so nah an der Oberfläche bilden, sind Blasen des Pemphigus foliaceus sehr zerbrechlich und reißen leicht auf. Deshalb entstehen eher krustige, flache Erosionen und keine ausgeprägten Geschwüre. Wenn die Blasen intakt sind, füllen sie sich mit Entzündungszellen, hauptsächlich Neutrophilen Granulozten, und werden als Pusteln bezeichnet. IgG ist der vorherrschende Serum-Autoantikörper, aber in einigen Fällen kann die Unterklasse auf IgG2 oder IgG4 beschränkt sein. Beim Menschen sind die wichtigsten Autoantigene beim Pemphigus foliaceus die Desmogleine. Bei Hunden hingegen ist das wichtigste Autoantigen ein desmosomales Protein namens Desmocollin-1 (Dsc-1). Obwohl es sich in der Regel um eine primäre Erkrankung handelt, können einige Fälle bei Hunden sekundär auf die Einnahme von Antibiotika wie Trimethoprim-Sulfadiazin, Oxacillin, Cephalexin und Ampicillin sowie auf eine Behandlung durch Flohbekämpfungsmittel mit den Wirkstoffen Amitraz und Metaflumizon zurückzuführen sein. Einige dieser sekundären Fälle können auf die Bindung von Thiolgruppen des Arzneimittels an Keratinozytenmembranen zurückzuführen sein. Dies führt dann Bildung von Neoantigenen.
Klinisches Bild des Pemphigus foliaceus des Hundes
Das durchschnittliche Erkrankungsalter für Pemphigus foliaceus liegt bei 6 Jahren für Hunde. Es gibt keine signifikante geschlechtsspezifische Prädisposition. Am häufigsten wird die Erkrankung bei Bearded Collies, Akitas, Neufundländern, Schipperkes, Dobermann und Finnischen Spitzen diagnostiziert. Andere empfängliche Rassen sind English Cocker Spaniels, Chow-Chows, Shar-Peis und Australian Shepherds.
Oberflächliche Pusteln treten in der Regel zuerst auf dem Nasenrücken, dem Nasenspiegel, der Haut und Augen und Ohren auf Die Pusteln neigen dazu, bilateral und symmetrisch zu sein. Wenn sie sich ausbreiten, können auch andere Stellen wie der Rumpf, die Hintergliedmaßen, die Fußballen, die mukokutanen Übergänge und die Schnauze betroffen sein. Die Läsionen entwickeln sich selten auf Schleimhautoberflächen wie in der Mundhöhle. Die Pusteln sind zerbrechlich und reißen leicht auf. Infolgedessen entwickeln sie sich rasch zu krustigen Erosionen. In der Erkrankungsphase der nächsten 3 bis 12 Monaten entsteht Alopezie am Rumpf, an den inneren Ohrmuscheln, im Gesicht und an den Fußballen. In einem hohen Prozentsatz der Fälle entwickeln sich Fußballenläsionen mit Hyperkeratose. Juckreiz ist in der Regel kein Merkmal des Pemphigus foliaceus bei Hunden. Sekundäre bakterielle Infektionen, Appetitlosigkeit, Fieber und Depressionen können bei Hunden mit ausgedehnten Läsionen auftreten.
IgA-Pemphigus (auch panepidermaler pustulöser Pemphigus genannt) ist eine Variante des Pemphigus foliaceus. In diesen Fällen befinden sich die Pusteln in den granulären und oberen Schichten der Epidermis. IgA ist dabei die primäre Autoantikörperklasse, und Dsc-1 und Dsc-3 wurden als die wichtigsten Autoantigene identifiziert.
Diagnose und Behandlung des Pemphigus foliaceus des Hundes
Die Diagnose der Erkrankung muss durch die Histopathologie bestätigt werden. Dazu werden nortmalerweise Hautbiopsien entnommen. Akantholytische Keratinozyten finden sich in Abklatschpräparaten der Pusteln. Neutrophile und gelegentlich eosinophile Granulozyten sind ebenfalls in großer Zahl in der Pustelflüssigkeit zu finden. Die Histologie zeigt in den frühen Stadien subkorneale Bläschen. Diese entwickeln sich jedoch zu subkornealen Pusteln. Durch direkte Fluoreszenz-Antikörper oder Immunoperoxidase-Färbung lässt sich das Vorhandensein von Immunglobulinen in der Epidermis nachweisen.
Die Immunsuppression ist die Behandlung der Wahl beim Pemphigus foliaceus. Prednisolon zum Einnehmen oder Prednisolon in Verbindung mit Azathioprin wird häufig eingesetzt. Eine Prednisolon-Cyclosporin-Kombination scheint ebenfalls sehr wirksam zu sein. Die Prognose ist mittelmäßig bis gut.
Pemphigus erythematosus des Hundes
Pemphigus erythematosus ist eine milde, lokalisierte Variante des Pemphigus foliaceus, die viele Merkmale mit dem Kutanen Lupus erythematosus gemeinsam hat. Tatsächlich können einige Hunde mit Pemphigus erythematosus antinukleäre Antikörper in ihrem Serum aufweisen. Diese Variante kommt häufig bei Deutschen Schäferhunden, Collies und Shelties vor. Die Pusteln, Erosionen und Krusten sind auf das Gesicht, die Nase und die Ohren beschränkt. Eine Depigmentierung um Auge und Nase kann auftreten, während Erosionen und Ulzerationen deutlich sichtbar sind. Die Histopathologie der Pusteln ähnelt der von Pemphigus foliaceus. Das Vorhandensein einer lichenoiden Interface-Dermatitis ähnelt jedoch auch der eines Kutanen Lupus Erythematosus. Immunfluoreszenztests an Biopsien zeigen interzelluläre Immunglobuline wie beim Pemphigus foliaceus PF und Basalmembranfluoreszenz wie beimKutanen Lupus Erythematosus.
Pemphigus foliaceus der Katze
Die Erkrankung ähnelt in ihrer Ausprägung der bei Hunden beobachteten. Allerdings tritt sie viel seltener auf. Es gibt keine offensichtliche Rassenprädisposition. Das Durchschnittsalter bei Ausbruch der Krankheit beträgt 5 Jahre. Es entwickeln sich subkorneale akantholytische Pusteln, insbesondere an den Fußballen und der Wangenschleimhaut. Die Pusteln reißen leicht auf. Dabei betreffen Geschwüre, Krusten und Erosionen hauptsächlich die Ohrmuscheln und Krallenfalten. Viele betroffene Katzen zeigen Fieberschübe und Appetitlosigkeit. Andere zeigen vor allem Juckreizerscheinungen. Die Läsionen sind in der Regel mild und lokalisiert.Sie treten bilateral und symmetrisch auf. Läsionen werden häufig auch an den Brustwarzen und im Nagelbettbereichgefunden. Bei Katzen mit einem Pemphigus foliaceus ist Antikeratinozyten-IgG nachweisbar. Die Diagnose eines Pemphigus foliaceus wird durch Zytologie und Histologie bestätigt. Die Prognose ist unter einer Glukokortikoid-Monotherapie gut. Häufig ist eine gute Heilung möglich. Aber die Behandlung kann verlängert werden. Leider neigen die Katzen zu einem Rückfall.
Pemphigus Foliaceus bei Pferden
Pemphigus foliaceaus ist auch die häufigste Autoimmunerkrankung bei Pferden. Es hat den Anschein, dass Appaloosas prädisponiert sein könnten, aber dies ist nicht eindeutig. Die betroffenen Tiere decken ein sehr breites Altersspektrum ab, von 6 Monaten bis 25 Jahren.
Die Tiere entwickeln multifokale Läsionen. Aufgrund der Zartheit der Pusteln brechen diese leicht auf, so dass sich eine allgemeine Krustenbildung, Schuppung und Alopezie entwickeln. Die Läsionen beginnen in der Regel im Gesicht oder an den Beinen, können sich aber, wenn sie unbehandelt bleiben, im Laufe einiger Monate generalisieren. Manchmal entwickeln die Tiere Ödeme am Unterbauch sowie systemische Symptome wie Fieber, Depression und Lethargie. Einige dieser Läsionen können schmerzhaft oder juckend sein. Zu den Behandlungsmöglichkeiten gehören Kortikosteroide, Azathioprin und Pentoxifyllin.
Um den Einsatz von immunsuppressiven Arzneimitteln minimieren zu können sollte über immunologische Behandlung nachgedacht werden.
Quelle: Tizard IR (2023): Pemphigus Group in: Autoimmune Diseases in Domestic Animals, Elsevier, St. Louis, MI, 118-122