Die Mandeln (Tonsillen) des Hundes sind Teil des lymphatischen Abwehrsystems der Tiere. Sie können primär von einem Tumor erfasst werden oder aber auch sekundär Metastasen von Tumoren aus anderen Körperorganen ausbilden.
Forscher des Flint Animal Cancer Center am College of Veterinary Medicine in Fort Collins Colorado wandten sich der Beschreibung von Metastasen der Tonsillen von Hunden zu. Dazu gab es bis dahin keine wissenschaftliche Untersuchung. Auch im Bereich der Humanmedizin gibt es wenig Informationen zu diesem Thema. Die Studie sollte zu folgenden Themen eine Klärung bringen:
- ob eine Tumormetastasierung in die Gaumenmandeln des Hundes auftritt
- wie afferente Lymphgefäße zu den Gaumenmandeln des Schädels abfließen.
- Dazu wurde eine retrospektive Überprüfung von zur Diagnostik eingereichten histologischen Proben von Mandeln der Hunde durchgeführt. Auch computertomographische Untersuchungen wurden retrospektiv von einem einzelnen Radiologen überprüft.
- Insgesamt konnten 882 Proben von Mandeln in der Histopathologie ausgewertet werden. Davon hatten 492 (56 %) neoplastische Veränderungen. Von den primären malignen Neoplasmen der Tonsille waren Plattenepithelkarzinome (55%), Lymphome (17%) und Melanome (12%) am häufigsten.
- Tonsillenmetastasen wurden in 41 Fällen nachgewiesen; die histopathologische Auswertung ergab Melanom (25), Karzinom (10), Hämangiosarkom (2) und je einen Fall mit Fibrosarkom, maligner Histiozytose, Basalzelltumor und eines undifferenzierten Sarkoms.
- Insgesamt wurden bei dieser Untersuchung 53 Patienten mit einem Tonsillenmelanom identifiziert. Von diesen waren 25 eine Metastase eines bekannten nicht lokalen Primärtumors. Dagegen fanden sich 28 Melanombildungen, die ausschließlich tonsillär auftraten. Neun dieser 28 primären Mandeltumoren wiesen gleichzeitig eine Lymphknotenmetastase auf.
- Es wurde in der Computertomographie bei keinem Fall ein lymphatischer Kontrastmittelabfluss zur Gaumenmandel gefunden. Die Gaumenmandel ist ein wichtiger Ort der Metastasierung für eine Vielzahl von Primärtumorarten aus vielen Lokalisationen. Deshalb ist die Erkenntnis aus dieser Untersuchung wichtig, daß keine zur Gaumenmandel drainierenden Lymphgefäße gefunden wurden. Dies spricht sehr dafür, dass die Metastasierung zur Mandel beim Hund auf hämatogenem Weg erfolgt. Die Autoren gehen davon aus, dass die Tonsillenmetastasierung möglicherweise häufiger als bisher angenommen bei Hunden auftritt. Deshalb empfehlen sie, bei allen oralen Tumoren, aber auch bei Melanomfällen im Körper des Hundes eine gründliche Untersuchung der Maulhöhle und einschließlich des Mandelbereiches durchzuführen.
Die dendritische Zelltherapie bietet sich auch zur Behandlung von Tumoren der Tonsillen an, um den Primärtumor einzugrenzen und eine Metastasierung bestmöglich zu verhindern.
Quelle: Mickelson MA et al (2020) J Vet Comp Onc, https://doi.org/10.1111/vco.12604
Dr. Thomas Grammel ist Tierarzt aus Osterode am Harz. Er führte die Tierklinik Dr. Grammel in zweiter Generation seit 1989. Im Jahre 2019 hat er sie an seine Schwiegertochter Marina Grammel und seinen Sohn Dr. Lukas Grammel übergeben (heute Tiergesundheitszentrum Südharz). Im Schwerpunkt betreut heute Dr. Thomas Grammel deutschlandweit Tiere mit unterschiedlichen Tumorerkrankungen. Dabei behandelt er die Tiere selber vor Ort in Osterode im TGZ Südharz, er berät deutschlandweit aber auch Kolleginnen und Kollegen sowie Patientenbesitzer zur immunologischen Behandlung mit dendritischen Zellen bei erkrankten Tieren. Wichtig ist dabei immer die partnerschaftliche Zusammenarbeit im Sinne der Vierbeiner. Dr. Grammel hat an zahlreichen Kongressen im In- und Ausland teilgenommen und seine Arbeit erfolgreich vorgestellt.